
Samtag, 5. Juni – Windhoek
Heute mache ich es kurz. Nachdem ich mir gestern fast ein Auge am Strohdach des Zimmers der Okopuka Ranch ausgestochen hatte, macht die Nummer ausgeleierte Hornhaut doch erhebliche Probleme. Wind und Sonne sind alles andere als förderlich. Erstmals, man soll’s nicht glauben konnte ich am 11. Tag auch mal ausschlafen. Insofern nutze ich die Zeit weitgehend im Bett.
Gegen halb elf geht es dann zurück nach Windhoek. Der COVID Test war zwar negativ, doch das was hier als Schnelltest beworben wird ist gleich auf zweierlei Art Schneckentempo Made in Namibia. Während hierzulande im 15 Minuten die Katze im Sack, bzw. das Stäbchen analysiert ist, dauert das formell zwei bis drei Stunden. In der Praxis erhalte ich mein Zertifikat genau 9 Stunden und 17 Minuten nach Abstrichnahme. Die erfolgte auf der Autobahn, nämlich auf dem Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnspuren. Mussten wir zumindest keine Umwege fahren.
Es ist heute Samstag. In Namibia bedeutet das, dass alle Geschäfte bereits um 13 Uhr schließen. Wohl auch noch ein Relikt aus der Kaiser-Wilhelm-Zeit. Man ist hier doch mächtig stolz auf die deutsche Vergangenheit, und sei es nur, wenn die Ladenöffnungszeiten von vor 100 Jahren konserviert wurden, während in Deutschland selbst auf dem flachen Land, noch um 22 Uhr geshoppt werden kann. Weil ja die ganze Woche keine Zeit zu war…
Ein paar letzte Mitbringsel und dann geht’s auch schon in die Kneipe. So werden die letzten Namibia-Dollar noch verflüssigt. Beim Blick auf die Karte denke ich an eine Sinnestäuschung. Dort steht tatsächlich „Heute frische Weisswürste“, derweil die Sonne Afrikas schon um acht Uhr morgens mit Urgewalt vom Himmel brennt. Dass man hier offensichtlich in allem Ritzen das Faible für Deutschland verspürt – geschenkt. Das kennen wir ja schon. Aber jetzt sitzen die hier und zurück Weisswürste. Man glaubt es nicht.
Nach 13 Uhr ist dann auch die Innenstadt wie ausgestorben. Dafür erfahre ich zum Schluss nochmals etwas von der anderen Seite der namibischen Medaille. Denn jetzt schlägt die Stunde der Bettler, teils sogar ziemlich aggressiv. Viele sind gescheiterte Migranten aus Angola oder Zimbabwe. Manche sind legal, die meisten illegal und die allermeisten betrunken.
So wie die zwei Männer, die mir Bimssteine verkaufen wollen. Sie erzählen, dass sie aus Zim sind. Das ist die Abkürzung für Simbabwe. Der eine Mann fragt, wo ich herkomme. Deutschland antworte ich, woraufhin sich sein Gesicht aufhellt und er ein Deutschland, Deutschland über alles anstimmt. Den Rest bekommt er dann auch nicht mehr hin. Ich weiche auf die Straßenseite aus und werde fast noch überfahren. Denn in Namibia ist eines nicht aus Deutschland: der Linksverkehr auf den Straßen. Den hat man von den Engländern übernommen.
Und so endet mein Ausflug nach Namibia mit der üblichen Fahrt zum Flughafen. Auch da manche man auf deutsch. Bei der Passkontrolle heißt es Guten Tag und Tschüssi. Ja genau, mit I hinten. Der hiesige Grenzschutz ist sich auch für keine Peinlichkeit zu schade.
P.S. Auf dem Weg zum Flughafen sticht sie merkwürdige Konstruktion des Hilton-Hotels ins Auge. Wurde von den Chinesen gebaut. Hatten aber damals die Aufzüge vergessen. Wer da zum Sundowner in die Rooftop Bar wollte, um den Sonnenuntergang zu sehen, sollte sich am besten schon beim Sonnenaufgang auf den Weg gemacht haben.
Kommentar verfassen