
26. Mai 2021 – Windhoek
Endlich mal wieder ein Direktflug und kein 2 bis 10-stündiger Stoppover in Addis, Cairo oder Istanbul. Dafür verbringe ich 11 Stunden im Flieger, auch keine Selbstverständlichkeit. Ziel ist Windhuk, die Hauptstadt Namibias und damit ist auch klar, was es die kommenden knapp zwei Wochen zu sehen gibt: Wüste, Tiere, Tralala, wobei letzteres jetzt erstmal als Variable für all das Unerwartete der kommenden Tage steht. Dazu noch einen Schuss deutscher Kolonialzeit, aber auch das kenne ich bis dato nur vom Hörensagen.
Namibia ist jetzt kein klassisches Reiseziel von mir, aber in Zeiten von Covid-19 und anderen terminlichen Engpässen muss man eben nehmen, was einigermaßen problemlos zu bereisen ist. Damit wird Namibia ein erster Versuch, den Süden des afrikanischen Festlands unter die Lupe zu nehmen. Und zugegebenermaßen endlich mal ein Land in Afrika, wo es ausser Ziegen, Straßenkötern, Rindern und vergessen wir mal die Affen im Kamerun die wirkliche Tiervielfalt des Kontinents zu sehen gibt. Löwen, Giraffen, Rhinos, Hippos, Elefanten. Bis jetzt habe ich ja ausser einer Giraffenherde im Niger und drei Gorillas in erwähntem Kamerun ja wirklich nicht viel gesehen. Oder wie es einst der König Pumponell vom Pumpolpnien in Urmel aus dem Eis trällerte: Heija Safari.
Die ersten Probleme gab es bereits am Frankfurter Flughafen. Da wird mein Handgepäck auf Sprengstoff untersucht und das Ergebnis ist positiv. Hurra. Hatte ich da vielleicht noch einige Restposten aus Afghanistan oder dem Irak im Rucksack? Im Handumdrehen ist die Flughafenpolizei vor Ort und stöbert in meinem Gepäck herum. Letztendlich wurde zu meinem eigenen Erstaunen eine kleine Dose Rasierschaum gefunden. Sagt man da eigentlich Dose dazu, oder wie? Da war dann auch meine Bemerkung, die muss wohl seit Somalia da verbuddelt sein, auch nicht sonderlich förderlich. Das Ergebnis: Die Polizisten am Frankfurter Flughafen kennen jetzt im Gegensatz zu mir wirklich jeden Quadratmillimeter meines Rucksacks auswendig.
Windhoek, Aussprache Winduck – was soll ich sagen. Das ist alles, nur nicht Afrika. Die Stadt mit ihren rund 300.000 Einwohnern zeigt sich wie eine amerikanische Kleinstadt. Gesichtslos mit vielen Bürogebäuden, gepflegt mit einer kleinen Fußgängerzone, aber vollkommen unspektakulär. Für eine Hauptstadt ist Windhoek wirklich sehr übersichtlich und man kann das Zentrum in etwa einer Stunde abhaken.
Doch die deutsche Vergangenheit hat hier überlebt. Da gibt es die Beethoven-Straße und die Mozartstrasse, den Talweg und Straßen, die nach irgendwelchen Kommandeuren der Kolonialzeit benannt sind und die kaum auf ein Straßenschild passen. Karl-Otto von und zu und dann nichts unter zwanzig Buchstaben. Überhaupt gibt es hier Stadtviertel je nach Historie, die man einfach auseinanderhalten kann. Strasse, Street oder das Afrikaans’sche Straat weisen auf den Ursprung hin. Ich wohne zum Beispiel in der Von Eckenbrecher-Strasse und auf dem Weg dorthin kommt man über die Hans-Dietrich Genscher Straße. Üblicherweise werden hier Straßen nur nach Präsidenten und deren Besuchen benannt, insofern wundert mich schon, mit welch falschen Dokumenten der ehemalige Außenminister hier eingereist ist.
Ansonsten finde ich Geschäfte, die an die alte Zeit erinnern. Buchhandlung seit 1895, Restaurant Kaiserkrone und das kaiserliche Messamt. Auch der Bahnhof sieht aus, als hätte ihn Kaiser Wilhelm persönlich eingeweiht. Im Aushang der größten Kirche wird zudem für einen Mädels-Treff und einen Jungscharnachmittag geworben. Auch wenn es nur wenige Gebäude gibt, die immerhin gut in Schuss an Wilhelm und Preussens Gloria erinnern, die einzige Kolonialzeit, die hier noch lebendig ist – das ist die deutsche von 1884 bis 1918. Von den Engländern und Südafrikanern sehe ich am ersten Tag relativ wenig.
Als ich an der Rezeption fragte, wo ich am besten ein Taxi her bekomme, wurde ausdrücklich davon abgeraten mit einem Taxi zu fahren. Es wäre nicht sicher. Das hat mich dann doch schon etwas gewundert. Da laufen auch nicht in Frage kam, bin ich dann doch mit dem Taxi gefahren – was recht witzig war, denn scheinbar kann hier jeder Taxi Fahrer werden, wie er es möchte. Erkennbar sind die Taxen an Nummern, die auf dem Auto stehen. Da rollen dann z.T. kleine Privatkarren an, in den schrägsten Farben. Manche kannten sich auch überhaupt nicht aus, was wäre die Welt ohne Google Maps.
Am Abend kehren wir in Joe’s Beerhouse ein. Es liegt etwas abseits des Zentrums und ist von einer großen Mauer und Stacheldraht umgeben. Innen drin findet man dann aber pure Gemütlichkeit und jede Menge Jägermeister. Doch dazu morgen mehr. Auf der Karte stehen Krokodil, Zebra, Kudu oder Onyx, dazu lokales Windhoek oder Hansa Bier nach dem Reinheitsgebot gebraut. Was willst Du mehr. Ich mache Bekanntschaften und es wird eine lange Nacht. Doch dazu morgen mehr.
P.S.: An Namibischen Geldautomaten bekommt man nur südafrikanische Rand, die sich im Laufe des Tages mit dem namibischen Dollar zu einem bunten Portfolio im Portmonee vermischen. Das Highlight ist jedoch ein Dreißiger. Kam letztes Jahr anlässlich der Unabhängigkeit 1990 raus. Auf die Idee ist in Deutschland anlässlich der gleichjährigen Wiedervereinigung keiner bekommen. Lg an H1
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