
27. Mai 2021: Windhoek by Night
Müde. Schlichtweg müde. Denn es ist nun die zweite Nacht, in der ich kein Bett zu sehen bekomme. Die erste Nacht im Flieger, okay. Die zweite Nacht war eigentlich im Elegant Gästehaus geplant. Ein putziges Gästehaus in Reichweite der Innenstadt. Soweit, so gut.
In Namibia gibt es wie andernorts auch eine Covid-bedingte Ausgangssperre. Um 22:00 Uhr fällt hier der Hammer, um 4:00 Uhr morgens darf der werktätige Namibier dann wieder brav zur Arbeit gehen. Um circa 21:45 Uhr schenkt der Wirt in Joeys Pub das letzte Bier aus. Jedenfalls offiziell. Am Tresen sitzet noch eine muntere Truppe, ein absoluter Glücksfall. Ich geselle mich hinzu und wir kommen ins Gespräch. Der Nebeneffekt: Während außen die Tür verrammelt ist, frönt man drinnen der lokalen flüssigen Genüssen und flankiert von einer Runde Jägermeister.
Gegen 2 Uhr komme ich am Guesthouse an. Vom Wachmann selbst ist allerdings nichts zu sehen. Das Eingangstor verschlossen, das Rezeption nicht mehr besetzt, die Klingel funktioniert nicht, und ans Telefon geht niemand ran.
Hurra denke ich. Was kann besseres passieren, als in einer Gott verlassenen Gegend im südlichen Afrika vor verschlossenen Türen zu stehen. Und das, wo der Rest der Stadt vermutlich schon in den Federn liegt, denn wir haben ja eine Ausgangssperre. Das Gästehaus ist hermetisch abgeriegelt, dies hätte selbst meiner Unterkunft damals in Kabul zur Ehre gereicht. Während ich anfangs noch dachte über das Eingangstor zu klettern, konnte ich gerade noch davon absehen, denn über den Toren ist ein circa 1 Meter hoher Elektrozaun. Nicht sichtbar, vor allem wenn man schon mehrere Biere und Jägermeister intus hat.
Versuch Nummer eins, gescheitert. Versuch Nummer zwei ist es den Nachbarn aus dem Bett zu klingeln. Doch mit den Klingeln ist das hier zu Lande so ein Problem. Jedenfalls funktioniert die Klingel vom Nachbarn genauso wenig wie die vom Gästehaus.
Da die Ausgangssperre für mich mittlerweile zur einer Einlasssperre geworden ist und es mir nicht nur langsam langweilig, sondern vor allen Dingen auch kalt wird, gehe ich wieder zurück in die Innenstadt. Die Nacht sind es in Windhuk bei circa 1650 m Höhe knapp über 0°, was mit meinem bisschen T-Shirt dann auch nicht sonderlich erträglich ist. Die Stadt ist wie ausgestorben, noch nicht mal ein Polizeiwagen ist aufzufinden, der mich jetzt verhaften könnte. Auf dass ich die Nacht in einer ruhigen, gemütlichen und vor allen Dingen warmen Zelle hätte verbringen können.
Also suche ich ein Taxi. Diese sind wie gestern bereits erwähnt generell nicht sonderlich vertrauenserweckend, waren sie doch früher dafür bekannt, dass sie dem Fahrgast nicht nur das Geld für die Fahrt aus der Tasche luchsen, sondern bei der Gelegenheit auch noch einen veritablen Überfall hinlegen. Vor Jahren hat man deshalb die Taxis gekennzeichnet, nicht mit dem Wort Taxi, sondern mit einer Buchstaben-Zahlen Kombination. So kann sich der Überfallene im Notfall wenigstens noch die Kombination merken – bevor sie dann umlauert wird.
Egal. Ich halte den erstbesten Taxifahrer an, halte ihm meine restlichen Kröten vor die Nase und sage einmal Stadtrundfahrt zum nächsten Pub. Also Düsen wir los. Hin zu einem dunklen Loch. Und surprise surprise wer sitzt denn da? Die Freunde von Joes Pub haben sich vom Acker gemacht und ihre Zelte zwei Blocks weiter aufgeschlagen.
Darauf mussten wir natürlich gleich mit einem Jägermeister anstoßen. Und jeder der schon mal in Afrika war, weiß, dass es in den dunkelsten Löchern das kühlste Bier gibt. Und so und konnten wir uns noch über das eine oder andere in Namibia unterhalten. Schließlich hat COVID auch hier zugeschlagen, die Leute kämpfen noch mehr als früher ums nackte Überleben. Viele sind arbeitslos geworden und verkaufen jetzt an den Straßenrändern irgendwelche Produkte beziehungsweise Kleinkram. Vielleicht morgen hierzu noch ein paar Worte.
Um kurz vor 6 Uhr morgens gondele ich wieder Richtung Gästehaus. Immerhin war jetzt der Nachtwächter wach, wenn er die Nacht denn überhaupt da gewesen ist. Immerhin hatte ich noch 45 Minuten Zeit zwei Nächte Schlag nachzuholen. Denn um 7:00 Uhr gab’s Frühstück und um 8:00 Uhr wollten wir weiter Richtung Süden in die Wüste Namib.
P.S. In Windhuk gibt es einen Stadtteil Eros. Wer jetzt an die Reeperbahn denkt, den muss ich enttäuschen. Eros ist dem Stamm der Hereros entlehnt und bedeutet soviel wie Oase. Oase? Ist das nicht ein Etablissement in der Region Frankfurt … Lg an H1

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