Blechhüttenkneipe

Freitag, 4. Juni – Otavi Dreieck

Unglückliches Ende der Tour. Gestern Abend hatte ich noch einen Unfall, vermutlich Hornhautverletzung. Ziemlich unangenehm. Insofern tue ich mich mit dem Blog auch etwas schwer.

Aber der Reihe nach. Heute sollte es bereits Richtung Windhoek gehen. Doch um noch mehr von Land und Leuten zu sehen, nahmen wir einige Mehrkilometer in Kauf und durchstreiften das Ovamboland, ehemals Homeland der Ovambos, in Norden Namibias an der Grenze zu Angola. Hier, nördlich der Etosha-Pfanne, leben fast eine Million Menschen, also einem Drittel der Gesamtbevölkerung. Das sahen wir bei unserem ersten Stopp in Oshakati, wo wir auf ein buntes Völkergemisch trafen. Juhuu. Es gibt auch noch ein authentisches Afrika in dem so unafrikanischen Namibia. Die Landschaft ist flach, monoton und zersiedelt. Zwischen den Feldern und Krälen stehen vereinzelt Bäume, die für die lokale Schnapsproduktion wichtig sind. Marula und Wildfeigen zum Beispiel, wobei der Marula-Schnaps mit seinen 17 Prozent doch eher was fürs Strickkränzchen oder Junggesellinnen-Abschiede ist.

Und was passiert so in Ondangwa? Ein typisch afrikanischer Ort mit Garküchen am Straßenrand, Getränkeshops in Blechhütten und einem lebhaften Markt. Es ist zwar erst 10.30 Uhr, aber wenn die Blechhüttenkneipe schon mal geöffnet hat, dann sollte man prüfen, ob das Bier auch kalt ist. Prüfung bestanden. Der Schnaps war übrigens auch kalt. Der Gin auch.

Nur wenige Kilometer waren es anschließend bis nach Grootfontein. Auf der Strecke die Gästefarm Ghaub von 1895, so am Eingang zu lesen. Die Ghaubs, so erfahren wir, waren sehr protestantisch angehaucht und vermittelten dem Gast gleich noch eine Portion Martin Luther. Im Garten halten sich die Nachfolger zwei Nashörner, vermutlich Mutter und Kind. Bis zum Zaun darf ich gehen, was mit dem Kommentar „Ich stehe hier und kann nicht weiter“ illustriert wird. Selbst für den Herrn Luther müssen die beiden Rhinos noch herhalten.

Wir befinden uns mitten im Otavi Dreieck. Hier ist es in 1500 Metern schrecklich kalt. Bei vier grad wacht man morgens auf, abends sitze ich M Lagerfeuer, um kurz danach in den Innenbereichen der Lodge zu flüchten und mich mit dem Haushund zu vergnügen. Das Otavi Dreieck bekommt relativ hohe Niederschläge, so dass man in dieser Region Ackerbau betreiben kann. Eher ungewöhnlich für Namibia werden Mais und Weizen, aber auch verschiedene Obstsorten angebaut. Auch hier werde ich belehrt, dass man aus all den genannten Produkten Schnaps machen kann. Spätestens jetzt frage ich mich, warum Feier jeder Jägermeister säuft, wenn doch jeder Strauch zur Destillierung dient.

Und es gab noch etwas Interessantes zu entdecken. Auf dem Gelände der Farm Hoba liegt einer der größten je gefundenen Meteoriten. Er ist 3 mal 3 Meter groß und soll rund 60 Tonnen wiegen. Der Meteorit schlug vor etwa 80.000 Jahren hier auf. Wer damals beim Einschlag gerade an der Stelle stand, ist nicht bekannt. Dafür kratzt jeder dran rum, um das bisschen Nickel zu begutachten. Seis drum. Wie bisher alles sind die Ausflugsziele in Namibia perfekt hergerichtet. Typisch unafrikanisch eben.

Vorbei am mächtigen Waterberg-Plateau muss man sich mit der deutschen Geschichte in Süd-West-Afrika beschäftigen. Oder auch nicht Hier war der Schauplatz des Krieges zwischen dem Kaiserreich und den Hereros. In Okahandja gibt es einen Friedhof, auf dem deren Stammesführer beerdigt wurden. Gleich nebenan finden sich die Gräber vieler deutschstämmiger Bürger. Beim genauen Blick waren es viele Sachsen, die hier kämpften. Den Rest verkneife ich mir.

Am Stadtrand findet sich noch der Holzschnitzermarkt, eine gute Gelegenheit, die letzten Namibia-Dollar auszugeben. Handeln ist hier übrigens Pflicht im Gegensatz zum Rest des Landes. Aber die Händler sind angesichts der wenigen Touristen weniger auf Aufdringlichkeit aus und freuen sich, dass überhaupt etwas Umsatz gemacht wird. Auch wenn das Angebot riesig war, ich fand nichts, also werde ich die letzte Chance in Windhoek auf dem Craft Markt nutzen. Einer der Verkäufer läuft mit einem Özil-Shirt der Nationalmannschaft rum. Also bei Müller würde ich was kaufen, mache ich noch einen Witz. Wenig später steht er mit neuem Shirt vor mir. Drauf steht Schweinsteiger. Ok, das können wir gelten lassen und so nehme ich eine Himba Frau mit. Das sind die mit den orangenen Haaren und aus Holz – versteht sich.

P.S. Gespräch am Zaun zur Ghaub Gästefarm. Zwei Nashörner in Besitz der Farm wandern des Weges. Ich: wenn die jetzt ausbüxen, gehören sie dem Nachbarn. Zaungast: Ach was, die haben zu fressen und zu saugen, warum sollen die weggehen. Ich so: Zu Hause hab ich auch zu fressen und zu saufen – und gehe trotzdem weg.

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